Die ersten Tage in Indien

Nun, wir sind tatsächlich nach Indien gereist und das an dem Tag, wo Yanick krank war. Trotzdem haben wir den Flug über Bangkok nach Kalkutta einigermassen gut überstanden. Mitten in der Nacht - es war ca. 4 Uhr morgens- sind wir im Hotel angekommen. Um 9 Uhr wurden wir dann schon geweckt, weil sie von uns wissen wollten, was wir frühstücken möchten, dass wir nichts möchten konnten die Mitarbeiter aber nicht nachvollziehen. Als wir uns dann endlich aufgerafft hatten machten wir uns auf den Weg, die Stadt ein wenig zu erkunden. Ausser das Victoria Monument gibt es in der Stadt jedoch nicht anzuschauen. Ach doch, es gibt noch das Haus von Mutter Theresa, das ist auch der Ort wo die Heilige gestorben ist. Dann gibt es noch viel Verkehr, viel Dreck, viele Kühe auf der Strasse und viele - sehr viele Leute. In den Bollywood-Movies sieht das irgendwie immer ganz anders aus. 

Viel unternommen haben wir nicht mehr. Als Yanick jedoch Sehnsucht nach Popcorn hatte, beschlossen wir in ein Kino zu gehen. Dies gab es in einem modernen Einkaufszentrum. Und das Kino war noch moderner. Sitze wie in der First-Class mit Tischen und natürlich mit viel Popcorn. Wir genossen den Film "Beauty and the Beast". Jedoch schlug uns die Realität nach dem Film sofort wieder ins Gesicht. Beim kleinen Spaziergang zu unserem Hotel abends um halb 11 war es schon etwas merkwürdig durch die Gassen zu gehen. Zum Glück hatte ich Yanick an der Hand, sonst hätte ich mich wohl nicht ganz so sicher gefühlt. Auch mussten wir sehen, wie Männer, Frauen und Kinder einfach auf dem Gehweg, direkt neben der vielbefahrenen Strasse schlafen müssen. Die Armut in Indien ist nochmals was ganz anderes als in anderen asiatischen Ländern als ich bis jetzt war. Manchmal zerreisst es einem fast das Herz, wenn man das sehen muss. 

Nach Kalkutta ging es weiter nach Varanasi. Dazu nahmen wir den Zug. 13 Stunden lang sollte die Fahrt dauern und wir kamen nur mit ca. einer Stunde Verspätung an. Die Fahrt war ganz angenehm, denn wir fuhren in der Klasse, wo es pro Abteil 2x3 Betten übereinander gibt und so hat man auch immer genug Platz. Mit der Serie "Tote Mädchen lügen nicht" verflog die Zeit auch wie im Nu. 

Varanasi war schon wieder eine ganz andere Stadt wie Kalkutta. Mitten in der Nacht um 2 Uhr mussten wir in den kleinen Gassen unser Guesthouse suchen - und zwar zu Fuss, da die Gassen zu Eng sind für ein TukTuk. Ich war nervlich am Ende und die dreckigen Gassen mit den bellenden Hunden machten es mir auch nicht leichter. Am nächsten Morgen sah die Welt dann schon wieder ein wenig besser aus. Zwar waren die Gassen nun mit Menschen, Kühen und deren Hinterlassenschaften, Dreck und Hunden gefüllt aber etwa so habe ich mir Indien auch vorgestellt. Ausser, dass ich dachte, die Kühe werden hier geliebt aber irgendwie haben alle Inder möglichst einen grossen Bogen um die heiligen Tiere gemacht. 

Varanasi ist die heiligste Stadt für Hindus. Denn die Stadt liegt direkt am Ganges, am heiligen Fluss. Hindus kommen hier hin um zu sterben, denn sie glauben, wenn sie in Varanasi verbrennt werden, kommen sie aus dem Kreis der Wiedergeburt. Ja, Hindus werden verbrannt und das muss innerhalb 24 Stunden nach dem Tod passieren. Die Toten werden jedoch nicht irgendwo im Stillen verbrannt sondern direkt am Fluss - mitten in der Stadt. Auch wir besuchten eine sogenannte Verbrennungsstätte, was schon ein sehr komisches Gefühl war. Die Leichen, welche einbalsamiert und in Tücher gewickelt werden, werden zuerst von den Angehörigen vom Haus durch die Strassen an den Fluss getragen und dann da auf einen Holzhaufen gelegt. Dann wir das Feuer entzündet und der Menschenkörper wird vom Feuer eingenommen. Es ist schon krass wie man zum Beispiel einfach ein Bein oder sonst ein Körperteil im Feuer sieht. Aber hier wird damit ganz natürlich umgegangen und es gehört hier zum Alltag. Gerochen hat es zum Beispiel gar nicht. Nur nach Feuer. 

Auch Trauer verspürt man hier bei den anwesenden Männern (Frauen sind hier nicht erlaubt) überhaupt nicht.

Es ist wirklich ein sehr eindrücklichen Anblick und unvergesslich. Wie hier mit dem Tod umgegangen wird, ist hier nochmals ganz was anderes als bei uns. Aber es ist eigentlich auch was Schönes, wenn Hindus glauben, dass der Verstorbene nun aus dem Kreis der Wiedergeburt befreit wurde. Übrigens werden Kinder, Schwangere und Menschen, welche nicht an einem natürlichen Tod gestorben sind, werden nicht verbrannt sondern mit einem Stein befestigt in den Fluss geworfen. Deshalb ist eine Wasserleiche hier keine Seltenheit.

Wir haben einige Leichen in Tücher gewickelt gesehen, welche durch die engen Gassen getragen wurden. In der Nacht vor unserer Abreise ist jedoch gleich eine Frau in einem Haus in der Nähe von unserem Guesthouse gestorben. Wir mussten da vorbeigehen und sie haben sie erst gerade auf die Liege gelegt und sie war noch nicht in Tücher eingewickelt. Im Haus hörte man den Ehemann weinen. Das war für mich der schlimmste Anblick in Varanasi, denn sonst waren die Leichen für mich sehr anonym in diesen Tüchern gewickelt, hier haben wir jedoch ein Gesicht dazu gesehen und die Trauer hautnah miterlebt.